25.4.2008 bis 30.5.2008
Wenn man einen gemeinsamen Nenner für diese Ausstellung finden wollte, könnte es der Begriff der Linie sein. Dabei geht es indes nicht um Zeichnungen. Heribert Heindl setzt dynamische Systeme von Linien auf farbige Untergründe, Systeme, bei denen sich die Linien zum Teil parallel gruppieren, schräg kollidieren, aber nicht schneiden, und die oft nach Farbe, immer aber durch eine mehr oder weniger horizontale Linie von oben nach unten getrennt sind. Ergebnis dieses zunächst schlicht erscheinenden Bauplans sind großformatige Bilder (Acryl/Leinwand), die bei allem Minimalismus auf intelligente Weise mit Anmutungen von Landschaftlichem und von traditioneller Landschaftsmalerei spielen (und mit den Fallen unserer Wahrnehmung und den Konstruktionsleistungen des vorgeprägten Gehirns: jede horizontale Linie ist dem Betrachter fast unausweichlich ein Horizont).
Dabei sind sie zugleich unübersehbar dem künstlerischen Diskurs der Moderne verpflichtet: in ihrer posenlosen Setzung von Strich auf Grund (ihrer ostentativen „Flatness“ im Greenbergschen Sinne), im beständigen, selbstreflexiven Verweisen auf die malerischen Mittel und die Gemachtheit, in den aufscheinenden gestischen Momenten könnten sie kaum weiter vom Gegenständlichen entfernt sein. Die Bilder oszillieren beständig zwischen diesen beiden Extrempositionen, aber erstaunlicherweise (ein gegenläufiger Beleg für die Synthesefähigkeit des menschlichen Auges und Gehirns) vermag die Leichtigkeit und Gewissheit, mit der Heindl zu Werke geht, die Widersprüche immer wieder im Sichtbaren aufzuheben…
In den Textilarbeiten von Fink Ossi kommt die Linie formal und materiell (der Faden) geradezu endemisch vor; ebenso der kalkulierte (in eine wiederkehrende Versuchssituation eingebundene) Zufall und die kontemplative Mühewaltung des bewusst ausgetragenen Handwerklichen. All das ist in den hier gezeigten Arbeiten exemplarisch durchgeführt: täglich ritual- oder orakelhaft auf erlesenen Stoff geworfene/gewürfelte Knöpfe werden genau in der zufälligen Anordnung ihres Landens festgenäht; ein, mit Goldfaden liebevoll eingesticktes, Tagesdatum affirmiert den quasi-dokumentarischen Charakter.
Die fixierten Knöpfe auf dem gewebten Karomuster des „Hintergrundes“ lassen an Sternbilder denken oder an Malen-nach-Zahlen (die Punkte jeweils durch gedachte Linien verbindend), an wissenschaftliche Visualisierungen und Kartierungen, und bringen eine durchgeführte Idee von Exaktheit gegen den Zufall in Anschlag. Dabei arbeitet auch hier das muster- und identitätssüchtige Gehirn des Betrachters beständig gegen die selbstreflexive und Minimal-artige Ästhetik der Arbeiten.
Auch die skulpturale Arbeit, die Fink ergänzend präsentiert, fußt auf einer Linie, gebogener, brauner Draht im Raum, der in seiner unvollkommen geschwungenen Linienführung an eine Skizze erinnert und, ebenso wie der einfache Holzständer und die angehängten Papieretiketten, nachgerade ärmlich (povera) anmutet; dabei sitzt die Arbeit an drei Stellen auf Gucci-Kartons auf – die nicht nur im Farbton perfekt mit den anderen Elementen harmonieren, sondern das Ganze gegen vorschnellen Formalismusverdacht und Retro-Verweise (Beuys) in Schutz nehmen. Auch eine Metaphorisierung, wenn man so will, der prekären Situation von Kunst und ihren Produktions- und Rezeptionsbedingungen im Angesicht des zunehmenden Einflusses von Mode und Modemedien.
(„Große Künstler seit Baudelaire waren mit der Mode im Komplott; denunzierten sie jene, so wurden sie von den Impulsen ihrer eigenen Arbeit Lügen gestraft. Während Kunst der Mode widersteht, wo sie heteronom sie nivellieren möchte, ist sie mit ihr einig im Instinkt für die Jahreszahl, in der Aversion gegen Provinzialismus, gegen jenes Subalterne, das von sich fernzuhalten den einzigen menschenwürdigen Begriff künstlerischen Niveaus abgibt.“ – Theodor W. Adorno)
Fink Ossi
1957 geb. in Brixen (Italien)
1977-80 Holzbildhauerlehre
1981-87 Akademie der Bildenden Künste München
Ausstellungen
2003 ‚vista e prospettiva‘, Kunstverein Hochrhein, Bad Säckingen
2007 ‚Minimalism and applied I‘, Daimler Chrysler Contemporary, Haus Huth, Berlin